Welche Rolle spielt künftig digitales Geld?

Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal bewusst mit Bargeld gezahlt? Richtig – eine bewusste Entscheidung treffen wir in dieser Hinsicht eher selten. Schon vor COVID-19 verabschiedeten sich immer mehr Menschen von Münzen und Scheinen und zahlten bargeldlos. Doch die Pandemie hat den Trend zum digitalen Bezahlen nachhaltig befeuert. Mit spannenden Konsequenzen für unser Finanzsystem.
Digitales Zentralbankengeld als neues Finanzinstrument?
Digitales Geld ist schneller, effizienter und sicherer. Regierungen vieler Länder überprüfen aktuell die Möglichkeiten digitaler Währungen. Hier kann man fast schon von einem globalen Wettrennen sprechen, spätestens seit Zuckerberg die Gründung der digitalen Währung Libra ankündigte. Zu den Vorreitern zählen Schweden und China. China hat bereits in mehreren Regionen vielversprechende Tests gestartet und auch die schwedische Reichsbank wird bald erste Pilotprojekte mit einer auf Blockchain-Technologie basierenden e-Krona durchführen. Auf europäischer Ebene befindet sich die Taskforce der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Proof-of-Concept-Phase.
Doch was spricht eigentlich für das DZBG? Einer Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zufolge, liegen die wesentlichen Vorteile in der Effizienz und Sicherheit des Zahlungsverkehrs. Immerhin kostet laut EZB die Versorgung mit Bargeld rund 140 Mrd. Euro pro Jahr. Auch die Risiken für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung würden durch die Einführung des digitalen Geldes erheblich geringer ausfallen.
Mögliche Auswirkungen auf Gesellschaft, Banken, Handel und Verbraucher
Die Bargeldversorgung der Bevölkerung gehört zu den Kernaufgaben der Zentralbanken. Bezahlen wir weitgehend digital, verlieren diese jedoch sukzessive eine ihrer wichtigsten Funktionen. Ich kann verstehen, dass sich die Zentralbanken fragen, ob sie mit der Einführung von Digitalgeld ihren Kernauftrag auch weiterhin erfüllen können. Letztlich wird auch unser aller Finanzalltag von der Zentralbank geprägt und beeinflusst unsere Zahlgewohnheiten.
Deutsche lieben Bargeld. Auch wenn digitales Bezahlen auf dem Vormarsch ist, so ist es doch für viele undenkbar ganz auf Münzen und Scheine zu verzichten. So mancher Bundesbürger hält mobiles Bezahlen zudem für unsicher oder empfindet es als zu kompliziert. Viele betrachten Geldangelegenheiten auch als Privatsache. Deshalb ist für die Mehrheit der Gesellschaft der Wunsch nach Anonymität ein weiterer wesentlicher Vorteil von Bargeld. Bezahle ich beispielsweise in der Apotheke bar, erfährt kein Dritter welches Präparat ich gekauft habe – meine Privatsphäre bleibt also gewahrt. Diese Anonymität kann jedoch auch mit DZBG abgebildet werden, denn der Geldtransfer erfolgt direkt von A nach B – ohne einen Umweg über Mittler. Ein Aspekt, den viele beim Bezahlen zunehmend wichtig finden.
Für Geschäftsbanken stellt die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung eine Herausforderung und Chance zugleich dar. Sie sind gefordert, den sich verändernden Bedingungen anzupassen und in neue Geschäftsmodelle zu investieren. Welche Rolle sie bei der Einführung von DZBG spielen werden, bleibt jedoch noch abzuwarten, das ist stark abhängig von der konkreten Ausgestaltung. Ich denke hier an eine einstufige bzw. zweistufige Variante.
Wenn es nach dem Handelsverband Deutschland (HDE) geht, will man eher nicht, dass Facebook mit seinem Libra-Projekt das Rennen macht und womöglich der Zugang zu den Kundendaten für die Händler auf der Strecke bleibt. Zudem werde die Abhängigkeit von globalen Zahlungssystemen mit DZBG reduziert und mehr Transaktionen bzw. Käufe führen unmittelbar zu positiven volkswirtschaftlichen Einkommenseffekten.
Für die Verbraucher sind die Vorzüge von DZBG auf den ersten Blick kaum ersichtlich. Sie verfügen bereits über zahlreiche schnelle, digitale Bezahlmöglichkeiten. Der e-Euro wäre nur eine weitere Option, allerdings ohne zwischengeschaltetes Zahlungsverkehrssystem. In Krisenzeiten betrachten Verbraucher häufig Bargeld in Form von Münzen und Scheinen als sicherer und wertvoller als virtuelles Geld, das sie nicht anfassen oder sich schnell vom Geldautomaten auszahlen lassen können.
Ich denke, rund um die Einführung des digitalen Zentralbankgeldes finden sich viele spannende Aspekte – und offene Fragen, die in den nächsten Monaten diskutiert werden müssen. Für Europa sind sicher auch die Erkenntnisse aus Schweden von großem Interesse. Ich bleibe bei diesem Thema unbedingt am Ball und möchte Sie schon heute zur Lektüre meines nächsten Blogposts einladen. Darin werde ich beleuchten, wie hiesige Banken das Potenzial von DZBG für sich heben können – und müssen. Einen tieferen Einblick bekommen Sie ausserdem in unserer aktuellen Erhebung: „Retail CBDC – Client insights and recent developments, design principles and technology considerations“.