Banken und Versicherern ist es bislang noch nicht gelungen, das volle Potenzial der Cloud für ihr Geschäft zu heben. Das liegt teilweise auch am verengten Fokus ihrer bisherigen Initiativen auf die Kostenebene und die IT. Es ist dringend an der Zeit, diesen Fokus mit einer strategischen Neuausrichtung zu erweitern.
Wir reden gefühlt seit einer Dekade vom Potenzial der Cloud für unsere Banken und Versicherer. Fast alle Unternehmen haben entsprechende Projekte angestoßen – doch in vielerlei Hinsicht wurden dabei die Erwartungen einigermaßen enttäuscht. Oft liegt der Grund im verengten Blick auf das Thema:
- Cloud-Programme haben noch immer meist eine Senkung der IT-Kosten zum Gegenstand. Im Outsourcing von IT-Infrastruktur liegt aber allenfalls ein Bruchteil des Potenzials.
- In vielen Bank- und Versicherungshäusern liegt die Verantwortung für die Cloud allein im Bereich der IT-Abteilungen. Eine integrierte Zusammenarbeit mit den Geschäftsbereichen sowie wichtigen internen Stakeholdern wie Compliance und Security gab es bisher meist nicht und wenn, dann erst zu einem viel zu späten Zeitpunkt. Das kostet erhebliche Performance.
- Cloud-Migration war allzu oft Lift & Shift. Ganz gleich ob Geschäftsprozesse gut oder schlecht waren, sie wurden in die Cloud verfrachtet. Die Chance, die Dinge mit den sich bietenden neuen technologischen Möglichkeiten neu und besser zu denken, wurde oft verpasst.
Banken und Versicherer werden sich das im Licht der aufkommenden Plattformökonomie und der zahlreichen anstehenden Herausforderungen, vom regulatorischen Sturm bis ESG und Nachhaltigkeit, nicht mehr leisten können. Wir müssen die Cloud Journey dringend beschleunigen, wie wir auch in unserem Expertendialog zum Mehrwert der Cloud gezeigt haben, bei dem ich mit meiner Kollegin Esther Recktenwald sowie Dr. Christian Tölkes diskutieren durfte.
Pandemie-Case als starker Ausgangspunkt
Welchen Mehrwert die Cloud entfalten kann, haben wir im Markt eigentlich schon aufblitzen sehen. In der Stunde der Wahrheit der ersten Pandemiewelle haben Banken und Versicherer binnen kürzester Zeit die Voraussetzungen geschaffen, um auch im Lockdown weiter arbeiten zu können. Zugleich waren Antragsstrecken für staatliche Fördermaßnahmen bei einigen Banken binnen Tagen live. Die Basis in beiden Fällen: Cloud-Technologie. In ihr sind die technischen Voraussetzungen für die agile Weiterentwicklung der Bank- und Versicherungshäuser bereits angelegt, wie beispielsweise APIs, aber auch das externe Datenhosting, das die Probleme der unternehmensinternen Informationssilos hinter sich lässt und damit ganz neue Analytics-Möglichkeiten schafft. Die Grundlage dafür aber ist, dass sich Banken und Versicherer zunächst einmal darüber klar werden, welchen geschäftlichen Zweck sie eigentlich mit der Cloud adressieren wollen. Wir brauchen eine gemeinsame Diskussion in den Organisationen darüber, welche Aufgaben in welcher Art und Weise künftig notwendig sind und inwieweit sich diese in der Cloud besser lösen lassen. Und diese Diskussion muss einheitsübergreifend stattfinden. Gelingt das, dann lassen wir viele der Probleme, die ich eingangs aufgeführt habe, schon bald hinter uns.
Zeit für Cloud-Teamplay
Im Plattformzeitalter braucht es Teamplay, innerhalb wie außerhalb der Unternehmen. Die Zeit proprietärer Ansätze ist vorbei. Auf Basis der Cloud-Technologie kommen Banken und Versicherer in die Lage, Ökosysteme aus eigenen Services und Dienstleistungen von Partnern zu orchestrieren. Innovative Lösungen und auch technologische Innovationen wie KI können in eine solche flexible Umgebung kurzfristig integriert werden. Gerade die Anreicherung mit externen Service-Bausteinen kann den Nutzen der eigenen Lösungen auf ein ganz neues Niveau heben – ob nun die automatisierte Darstellung von Konsumentenkrediten in den Checkout-Prozessen von Online-Händlern, die digitale Abwicklung von Trade Finance unter Integration von Zollbehörden und die Meldung eines Kfz-Schadens einzig mit dem Anfertigen eines Fotos, unterstützt durch KI für die Authentizitätsprüfung, oder die kosteneffiziente Nutzung von Compliance as a Service nach innen. Im Cloud-Teamplay kann aber noch eine zentrale Herausforderung adressiert werden: Nachhaltigkeit, die mehr und mehr zu einer Art „License to operate“ wird.
Dabei ist der deutlich günstigere CO2-Footprint des effizienteren IT-Betriebs externer Cloud-Anbieter nur ein – wenn auch mit 90 Prozent Einsparpotenzial nicht ganz nebensächlicher – Aspekt. Banken und Versicherer werden beim nachhaltigen Umbau unserer Volkswirtschaft eine zentrale Rolle spielen. Sie sind es, die Unternehmen und ihre Assets finanzieren und absichern und insofern auch Einblick in den Nachhaltigkeitseffekt dieser gewinnen. Hier wird wahrscheinlich auch der Regulator perspektivisch ansetzen, wenn es um Transparenz und Nachvollziehbarkeit von ESG in Lieferketten geht. Banken und Versicherer tun insofern gut daran, genau diese Informationen in die Cloud zu bringen. Sie können daraus aber weit mehr machen, nämlich sich zu einem zentralen Hub für das gesamte Nachhaltigkeitsökosystem zu entwickeln – auf das Unternehmen und staatlichen Institutionen ebenso zurückgreifen können wie Ratingagenturen.
Genau diese Zusammenarbeit im Ökosystem und die Ende-zu-Ende-Betrachtung von Services sind sinnbildlich für die gesamte Cloud Journey. Das müssen Banken und Versicherer dringend verinnerlichen. Zentral für einen kraftvollen Neustart der Cloud-Initiativen sind aber vor allem Business-Entscheider, die bei der Formulierung ihrer Strategie das technologische Potenzial und die notwendige Mannschaftsaufstellung ganz natürlich mitdenken.
Mehr Stories rund um die Cloud für Banken und Versicherer, darunter packende Use Cases, wie der der Commerzbank, Webinare und Blogposts zu zahlreichen Aspekten, finden Sie übrigens auf unserer Cloud-Website, die ich Ihnen wärmsten ans Herz legen möchte