In meinen letzten beiden Beiträgen habe ich die Vorzüge einer Tokenisierung von Non-Bankable Assets (NBA) am Beispiel von Immobilien sowie Luxusgütern veranschaulicht. Die volle Ausschöpfung des Potentials von NBAs geht jedoch über Tokenisierung und DLT-basierte Lösungen hinaus; sie bedingt die Involvierung verschiedener Anspruchsgruppen und Dienstleistern, welche entlang der Wertschöpfungskette von NBAs interagieren und damit ihren Beitrag zur Wertgenerierung innerhalb eines NBA-Ökosystems leisten. Wie können also Kunden von einem NBA-Ökosystem profitieren? Und welche Geschäftsmöglichkeiten und Vorteile erschliessen sich für Banken?
Die Erfassung sowie initiale Bewertung ist unumgänglich, um NBAs bankfähig zu machen. Ist das NBA einmal im Bankensystem erfasst, eröffnet dies einige Geschäftsopportunitäten für die involvierten Banken. Naheliegend ist dabei die holistische Beratung eines Kunden unter Berücksichtigung des kompletten Vermögens und nicht nur der Finanzanlagen. Jedoch sehen wir dies nur als die Spitze des Eisberges.
Die wahre Opportunität liegt im Aufbau eines Ökosystems, welches NBAs liquide und einem breiteren Publikum zugänglich macht und auch mehreren zusätzlichen Akteuren die Möglichkeit bietet in diesem Ökosystem ihre Dienstleistungen anzubieten.
Die Bank als Navigator eines NBA-Ökosystems
Diesem NBA-Ökosystemgedanken haben sich bereits einige FinTech angenommen, welche im Bereich der Tokenisierung von nicht bankfähigen Vermögensgegenständen derzeit eine Vorreiterrolle einnehmen. Gerade Plattformen, welche NBAs mittels Distributed Ledger Technologie (DLT) einem breiten Publikum zugänglich machen wollen, gewinnen zunehmend an Popularität. Beispielsweise gibt es in der Schweiz und Deutschland bereits einige Akteure, welche sich auf den Vertrieb spezifischer NBA-Kategorien spezialisiert haben – Maecenas für Kunstgegenstände, CurioInvest für Luxusfahrzeuge oder Bloxxter für Immobilien.
Durch eine Kooperation mit solchen Unternehmen können Banken, wie bis anhin bei traditionellen Anlageklassen, ihren Kunden direkten Zugang zu neuen Produkten und Plattformen bieten. Dabei kann die Bank für ihre Kunden weiterhin eine ihrer zentralen Funktionen als Verwahrer von Vermögenswerten übernehmen, hier in Form von Tokens. Zudem kann die Bank als Aggregator verschiedener Plattformen auftreten und so Endkunden die müssige Registrierung bei jedem einzelnen Anbieter abnehmen. Ebenfalls können Kunden darauf vertrauen, dass Banken nur mit seriösen Drittanbieter zusammenarbeiten und die angebotenen NBA-Produkte einem gewissen Minimumstandard genügen. Diese Zusammenarbeit mit etablierten Banken ergibt auch aus FinTech Perspektive Sinn, da diese nicht nur ein breiten potenziellen Adressatenkreis gewinnen, sondern sich beim Vertrieb ihrer Produkte auch auf die KYC-Prozesse der Banken stützen können.
Aus kommerzieller Sicht fokussiert sich dieses Geschäftsmodell für eine Bank darauf, den eigenen Bankkunden Zugang zu externen NBA-Plattformen zu verschaffen und deren erworbene NBA-Tokens zu verwahren. Wie beim traditionellen Wertpapiergeschäft könnte die Bank dafür Gebühren auf Transkationen und Depotverwahrung erheben.
Banken können allerdings noch viel mehr Wert für Kunden und andere Dienstleister generieren.
Die Bank als Orchestrator eines NBA-Ökosystems
Viel grösseres Potenzial bieten Banken, wenn diese als Orchestrator eines NBA-Ökosystems agieren und als Anbieter einer NBA-Plattform auftreten. Mit ihrem etablierten Kundenstamm, Vertriebskanälen und Partnerschaften sind Banken prädestiniert eine solch aktive Rolle einzunehmen. Dabei geht es bei weitem nicht nur um das Zusammenbringen von Investoren und Verkäufern von NBAs, sondern den Aufbau eines lebendigen NBA-Ökosystems.
Agiert die Bank als NBA-Ökosystem-Orchestrator, so nimmt sie eine zentrale Funktion im NBA-Ökosystem ein, indem sie einen Markplatz für wohlhabende Kunden errichtet, auf welchem NBAs angeboten und erworben werden können. Die Bank bringt damit NBA-Verkäufer und-Investoren aus ihrem eigenen Kundenstamm zusammen und erweitert ihre bestehende Produktpalette um eine neue Anlageklasse.
Da es sich bei den NBAs um wertvolle, teils bewegliche, Gegenstände handelt und die verschiedenen Objekte ihre Eigenheiten aufweisen, ist die Involvierung von weiteren Spezialisten und Experten unentbehrlich. Banken treten dabei als vertrauenswürdige Ökosystem-Orchestratoren auf, welche die einzelnen Parteien effizient innerhalb einen Ökosystems zusammenbringen. Das NBA-Ökosystem am Beispiel eines Kunstwerkes könnte verschiedene Akteure umfassen wie z.B. Auktionshäuser, Kunstexperten zur Bewertung und Versicherungsunternehmen zur Absicherung der Kunstwerke gegen allfällige Schäden oder Verwahrer (Custodians) zur Haltung der Werke in artgerechten Einrichtungen.
Mit dem Aufbau eines NBA-Ökosystems und der Bereitstellung einer NBA-Plattform können Banken neue Ertragsstränge erschliessen, die komplementär (und nicht kannibalisierend) zum traditionellen transaktions- und verwahrungsbasierten Geschäft sind. Wirft man einen Blick auf den Immobilien-Markt, gibt es bereits Ökosystem-Beispiele in diese Richtung, wie die Hypotheken-Plattformen Valuu der PostFinance sowie die Plattform Key4 der UBS.
Durch die Kooperation mit den unterschiedlichen Ökosystem-Teilnehmenden ergeben sich neue Einnahmequellen; die Teilnahme am Ökosystem und die Möglichkeit Dienstleistungen auf der Plattform anzubieten kommt für die Akteure mit einem Preis, so beispielsweise für Versicherungsunternehmen, welche die NBAs gegen mögliche Schäden absichern. Gebühren könnten weiter auch für anderen Banken anfallen, welche durch eine Anbindung an die Plattform ihren eigenen Kunden Zugang zu den NBA-Produkten verschaffen. Ihre Rolle als Verwahrer der Vermögenswerte kann die Bank weiterhin selbst wahrnehmen oder an eine Drittpartei übertragen.
Denkt man nun einen Schritt weiter, kann – dank DLT und Tokenisierung von NBAs – die Grundlage für ein lebendiges und inkludierendes NBA-Ökosystems gelegt werden, bei dem Banken eine zentrale Rolle spielen. Darüber hinaus hat die Schweiz mit dem neuen DLT-Gesetz und der Einführung der DLT Handelssystemlizenz (mehr dazu hier) auch die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, damit ein solches Ökosystem florieren kann. Die Opportunität und Voraussetzungen sind somit besonders für die Schweiz gegeben. Welche Bank wird die Herausforderung annehmen und neuen Mehrwert für Kunden schaffen?
Gerne helfen wir Ihnen dabei, diese Potenziale zu erschliessen. Sollten Sie Fragen haben oder mehr über einzelne Themen wissen wollen, zögern Sie nicht, mich oder meine TeamkollegInnen zu kontaktieren.