Wir erleben beinahe tagtäglich, wie sich in der Art und Weise, in der wir miteinander kommunizieren, etwas verändert. Große Sprünge gab es in der Vergangenheit immer wieder. Erinnern Sie sich noch, wie man SMS-Nachrichten löschen musste, um neue zu empfangen? Und wie nur wenige Informationen in diese 160 Zeichen gepackt werden konnten? Und schauen wir uns im Gegensatz dazu heutige Verläufe unserer Instant-Messenger-Dienste an. Unüberschaubar viele Informationen, Bilder und Emojis transportieren heute unsere Botschaften, damit sie noch präziser beim Gegenüber ankommen. Ein womöglich eher weniger vergleichbarer, aber dennoch gravierender Wandel steht unserem SEPA-Zahlungsverkehr bevor. Und – um im Bild zu bleiben – noch nicht alle Banken sind sich im Klaren, welche Aufwände die anstehende Umstellung mit sich bringt und was die Banken mit den zusätzlichen Informationen anfangen können. Aber der Reihe nach …
Die Einhaltung grundlegender Regeln der Kommunikation – Wahrheitsgehalt der Aussage, Struktur, Eindeutigkeit, Vollständigkeit – sorgt dafür, dass Informationen bei der Übertragung nicht verloren gehen und relevante Inhalte allen Empfängern zur Verfügung gestellt werden. Was für die private Kommunikation gilt, hat selbstverständlich auch für die Kommunikation der Banken untereinander Bedeutung.
Die Regeln im SEPA-Umfeld und explizit im Interbanken-Clearing werden nun geschärft. Damit steigert man den Wertgehalt der untereinander ausgetauschten Nachrichtenformate und stellt damit unter anderem sicher, dass es möglichst keinen oder einen verringerten Ermessens- oder Interpretationsspielraum gibt. Der Preis dafür: ein hoher Analyse- und Anpassungsaufwand auf Seiten der Banken und gegebenenfalls deren IT-Dienstleister.
Anpassungen in allen SEPA-Nachrichtenformaten
Die Banken- und Finanzbranche muss sich im Zahlungsverkehr derzeit mit einer Welle von Veränderungen auseinandersetzen. Der European Payments Council (EPC) hat mit der ISO 20022 Migration einen erweiterten Standard für den Datenaustausch auf den Weg gebracht – mit weitreichenden Konsequenzen. Betroffen hiervon sind ausnahmslos alle im Interbanken-Clearing verwendeten SEPA-Nachrichtenformate über die Schemata SCT (Überweisung), SCT Inst (Echtzeit-Überweisung), SDD Core (Basislastschrift), und SDD B2B (Firmenlastschrift) hinweg.
Das bedeutet, dass die Kommunikationsarchitektur der Institute auf den Prüfstand gestellt und zu einem gewissen Grad umgebaut werden muss. Zwar wird nicht jede einzelne Änderung tatsächlich für jedes Geldinstitut relevant sein, doch allein die Auswertung der möglichen Änderungen und die Beurteilung, welche davon zur Implementierung in Auftrag gegeben werden müssen, wird einiges an Ressourcen verschlingen.
Umfangreich wird insbesondere auch die Testphase vor dem Roll-Out sein. Denn je mehr Änderungen notwendig werden, desto höher ist die Problemanfälligkeit. Die Anzahl der möglichen Fehlerquellen wächst exponentiell.
Alles neu macht die Regulierung – Umsetzung und Nutzen
Der EPC hat die Change Requests (CR) 16 und 20 veröffentlicht, laut denen die Attribute der vier relevanten SEPA-Schemata einheitlich nummeriert und die Nachrichtenformate von der ISO 20022 Version 2009 in die Version 2019 migriert werden müssen. Und gerade im Zuge des CR 20 werden einige neue Elemente in die Kommunikation eingeführt, andere angepasst oder ersatzlos gestrichen. Auch bereits bestehende Prüfregeln werden aktualisiert oder neue Regeln ergänzt. Ursprünglich sollten diese Änderungen zum November 2022 umgesetzt werden, doch die Verschiebung auf November 2023 war insbesondere aufgrund der anstehenden T2-Konsolidierung und SWIFT ISO 20022 Migration angebracht und notwendig. Aus jetziger Sicht bleibt nicht mehr viel Zeit, Konformität herzustellen.
Wenig Zeit, die nicht nur für die Umstellung der Kommunikation unter den Banken, sondern auch für die interne Kommunikation via Schnittstellen zu anderen Anwendungen in der Bank effektiv genutzt werden muss. So tauschen interne Zahlungsverkehrssysteme untereinander in regelmäßigen Abständen in verschiedenen Formaten Daten aus, die nun von Änderungen betroffen sein werden. Hier den Überblick zu behalten und sicherzustellen, dass die Schnittstellen weiterhin funktionieren, wird für Banken herausfordernd. (Details und tiefergehende Informationen erhalten Sie in unserem LinkedIn-Fachartikel.)
Dafür bietet die Umstellung auch Mehrwert. So ermöglicht die Aktualisierung der Nachrichtenformate einen verbesserten Forderungsabgleich eintreffender Zahlungen mit Rechnungen genauso wie einen detaillierteren Zahlungsstatusbericht an Geschäftskunden. Auch die verbesserte Erkennung jeglicher Art von Finanzkriminalität, die durch die vergrößerte Datenlage einhergeht, wird zu einer höheren Aufklärungsrate führen. Die Bank muss nur wissen, wohin sie dafür schauen muss und die vorliegenden Daten sinnvoll nutzen. Schließlich lassen sich durch die Auswertung der dann neu zur Verfügung stehenden Informationen die Entwicklung individuell angepasster Zusatzdienste vorantreiben und bieten Banken so bessere Cross-Selling-Möglichkeiten. Alles Wettbewerbsfaktoren, die es – gerade im Hinblick auf die sich ändernden Kundenansprüche – nicht zu unterschätzen gilt.
Die Art und Weise, wie diese Informationen auswertbar in das eigene System integriert werden können, erfahren gerade neue Spielregeln. Bleiben Sie am Ball! Denn nur wer mitspielt, kann gewinnen.
Weitere Informationen und Ausblick
Das SEPA-Thema der ISO 20022 Migration im Interbanken-Clearing hat im Rahmen unserer Arbeit zu Insights geführt, die für uns teilweise sehr überraschend waren. Sollten Sie tiefergehende Informationen zur Umstellung wünschen, kann ich Ihnen folgenden LinkedIn-Artikel empfehlen: Umstellung von SEPA-Überweisungen und -Lastschriften im Interbanken-Clearing auf ISO 20022 Version 2019.
Mit den noch ausstehenden Spezifikationen durch die EBA Clearing und die Deutsche Bundesbank erwarten wir weitere zu berücksichtigende sowie gegebenenfalls relativierende Änderungen. Selbstverständlich werden wir Sie hierzu in einem weiteren Blogeintrag auf dem Laufenden halten.