Accenture Banken Blog

Starke Banken gehören zu einer erfolgreichen Volkswirtschaft wie die Luft zum Atmen. Ein No-Brainer? Offenbar nicht in Deutschland. Fehlt uns das Finanzverständnis, um zu erkennen, wie wichtig die Banken für unsere Zukunft sind? Warum sind sie zu Prügelknaben unserer Volkswirtschaft verkommen? Wieso gibt es keinen Aufschrei – weder in der Politik noch in der Gesellschaft, wenn ausländische Investoren deutsche Finanzinstitute auf die Shoppingliste setzen?

Nach meinem Eindruck muss die Finanzbranche bei uns vor allem für Skandale herhalten. Doch damit unser exportstarker Mittelstand international wettbewerbsfähig bleibt, brauchen wir unsere traditionellen Finanzhäuser mit ihrer globalen Expertise – oder etwa nicht?

Auf der anderen Seite: Warum verändert sich so wenig bei den Banken? Warum scheinen sie trotz massivem Veränderungsdruck durch Digitalisierung, neue Bezahlmodelle und die GAFAs in ihren Traditionen zu verharren?

Ich befürchte, mit jedweder Gemütlichkeit in den Elfenbeintürmen ist es endgültig zu Ende. In den kommenden Monaten müssen unsere Banken wichtige Aufgaben in Angriff nehmen. Und es ist machbar! Ich sehe hier vier Schlüsselherausforderungen, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden:

1. Schluss mit dem Bashing: Deutschland braucht starke Banken

Systemrelevant! Kaum ein anderer Begriff wurde in Verbindung mit der Finanzbranche negativer ausgelegt. Aber unsere Banken sind es nun mal. Warum sehen wir das in Deutschland nicht und machen stattdessen diese wichtigen Protagonisten unserer Exportwirtschaft immer wieder zum kollektiven Sündenbock? Hier muss sich unsere Wahrnehmung massiv verändern. Wir müssen die positive Leistung unserer Banken und ihre wichtige Rolle als tragende Säule unserer Wirtschaft anerkennen und verteidigen. Mit der Unterstützung der Gesellschaft und mit einer fairen Presseberichterstattung können die Banken endlich wieder selbstbewusst demonstrieren, was sie für unsere Wirtschaft leisten!

2. Vergiss die Bank und gib mir Banking: Das fehlende Verständnis des digitalen Kunden

Mal ehrlich: Wann hatten Sie zuletzt das Bedürfnis, ihren Bankberater zu sehen? Keiner braucht eigentlich eine Bank, wir brauchen ihre Dienstleistung. Doch ob bequemes Bezahlen, Girokonto in Rekordzeit oder intuitive Geldanlage – gefühlt kommen wichtige Impulse im Privatkundengeschäft immer öfter von FinTechs oder GAFA. Damit unsere Banken ihre Marktposition ausbauen können und neue Player auf die Plätze verweisen, müssen sie jetzt in technologische Innovationen investieren – und diese intelligent am Markt platzieren, kommunizieren und selbstverständlich nutzbar machen.

3. Auseinandergelebt: Unsere Banken passen nicht zur Industrie X.0

Im Corporate Banking ist Gefahr im Verzug. Für die Platform Economy brauchen die Spieler der Industrie X.0 Finanzpartner, die sich durch globales Know-how, Innovationen, Tempo und Flexibilität auszeichnen. Nur wer dieses Anforderungspaket als erstes erfüllt, kann den Markt für sich gewinnen. Höchste Zeit also für unsere Banken Kooperationen mit digitalen Vorreitern zu schließen, um sich nicht selbst zum reinen Offline-Partner der Wirtschaft zu degradieren.

4. Teufelskreis Talent: Neue Köpfe braucht die Bank

Um Digital Natives anzulocken, reicht es nicht, die Krawatten zu lockern. Banken müssen ihre verkrusteten Mitarbeiterstrukturen aufbrechen und digitale Talente an Bord holen. Wenn sie wieder an FinTechs, InsurTechs oder GAFA vorbeiziehen wollen, sollten sie sich einiges von anderen wichtigen Branchen in Deutschland, wie etwa den Automobilkonzernen abschauen: Denn die haben verstanden, wie man digitale Talente für sich begeistert und Innovation zum Arbeitsalltag macht. Das große Problem der Banken dabei: Keine andere Industrie ist so stark reguliert wie sie. Umfangreiche, lähmende Vorgaben, wie etwa die Institutsvergütungsverordnung, machen sie in den Augen der Digital Natives – und auch in denen der etablierten Mitarbeiter – nicht gerade innovativ und attraktiv. Innovation und Fortschritt wird durch solche Verordnungen nicht nur verhindert, sondern regelrecht abgestraft.

Kurz und gut: Es muss ein Ruck durch Deutschland und seine Banken gehen. Wenn die Institute jetzt ihre Hausaufgaben machen, können sie viel bewegen!  Besonders gemütlich dürfte das aber nicht werden, wenn sie aktive Gestalter in diesen spannenden Zeiten ihrer Branche bleiben wollen. Das würde sich auch positiv auf ihr Image auswirken – an dem wir alle ein Interesse haben sollten, egal ob Banker oder Journalist, Unternehmer oder Politiker.

Denn nicht zuletzt geht es um die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts.

2 Antwort:

  1. Hallo Herr Dr. Hamprecht,
    Mir bleibt zur Ihrer Vertedigung nur noch übrig zu vermuten, dass sie während der Bankenkrise 2007-2008 auf einem anderen Planeten waren. Die danach erfolgte Bankenrettung durch den Steuerzahler und die Diskussion über „too big too fail“ darf nicht sein, dürften sie auch verschlafen haben. Ich bitte sie, lassen sie es sein so einen haarsträubenden Unsinn zu verbreiten. Bez. denken sie ihren Ansatz wenigsten noch einen Schritt weiter: wenn die Banken nun also systemrelevant sind und notfalls vom Steuerzahler gerettet werden müssen, müssten sie dann nicht zumindest auch vom Steuerzahler, also von der öffentlichen Hand verwaltet werden?

    Viele Grüße,
    Marius Mager

    1. Sehr geehrter Herr Mager,

      vielen Dank für den Denkanstoß und Ihren Beitrag zur Diskussion. Wir wollen mit unserer Blogserie ja auch zum Nachdenken über die Rolle und das Image von Banken anregen.
      Zunächst einmal: Ja, wie einige Banken und Manager vor und während der Krise agiert haben, ist nicht zu entschuldigen. Die Auswirkungen für unsere Wirtschaft sind bis heute zu spüren. Allerdings müssen wir auch bedenken, dass nicht jedes Institut Schuld trifft, aber sich jedes Institut bis heute mit diesen Vorwürfen auseinandersetzen muss. Banken sind heute umfassend reguliert und mittlerweile besser überwacht als jeder andere Wirtschaftszweig in Deutschland. Bei aller Kritik ist wichtig zu bedenken, dass unsere Wirtschaft einen gesunden deutschen Bankensektor braucht. Nur so können wir im internationalen Wettbewerb weiter eine entscheidende Rolle spielen. Wir sollten daher reflektieren, ob unsere jetzige Haltung gegenüber Banken fair ist. Oder ob nicht noch immer das Bild des Sektors während der Finanzkrise dominiert. Ich werde diese Aspekte in einem der kommenden Blogbeiträgen gerne noch ausführlicher diskutieren.

      Markus Hamprecht